Wenn Sie eine Reise antreten wollen, dann wählen Sie zuerst das Transportmittel und die Reiseroute. Das selbe gilt für einen Flug zum Mars. Hier wenden wir uns der Flugroute zu.
Der Mars ist für unsere Begriffe sehr weit entfernt. Selbst bei grösster Annäherung zur Erde ist er immer noch 56 Millionen Kilometer entfernt. Basierend auf der Weltanschauung der Astronomen des Altertums (in der die Erde den Mittelpunkt des Sonnensystems bildete) bezeichnet man diese Konstellation als Opposition. Dabei befindet sich die Erde genau zwischen der Sonne und Mars. Die grösste Entfernung zur Erde ergibt sich während der Konjunktion. Hier befindet sich der Mars auf der anderen Seite der Sonne (siehe Diagramm) und ist etwa 400 Millionen km entfernt. Nun ist es leider unmöglich, den Flug zum Mars während der Opposition in gerader Linie zurückzulegen. Nicht einmal auf dem Zeichenbrett liesse sich ein Antriebssystem entwerfen, dass genügend Schubleistung besitzt. Da jeder Gegenstand der die Erde verlässt auch deren Eigengeschwindigkeit von 30 km pro Sekunde erhält, müssten gewaltige Treibstoffmengen verbrannt werden, um diese aufzuheben. Stattdessen kann man diese „geschenkte" Geschwindigkeit auch ausnützen um den Mars auf einer elliptischen Flugroute zu erreichen. Die einfachste Route wäre somit der sogenannte Hohmann-Transferorbit, da sie nur sehr wenig Treibstoff benötigt. Dabei würde man die Reise zum Zeitpunkt der Konjunktion antreten und würde den Mars nach 258 Tagen erreichen. .
Den Mars zu erreichen ist aber nur das halbe Problem. Man muss auch wieder zur Erde zurück. Da Erde und Mars unterschiedliche Umlaufzeiten um die Sonne haben, ändern sie ständig ihre Position zueinander. Allerdings sind nur ganz bestimmte Konstellationen für einen Rückflug geeignet. Eine solche Konstellation wird als Startfenster bezeichnet. Deshalb bestimmt die gewählte Flugbahn auch den Zeitpunkt zu dem man den Mars wieder verlassen kann. Grundsätzlich gibt es zwei mögliche Flugrouten, die als Oppositionsmission und Konjunktionsmission bekannt sind (siehe Animationen und Tabelle).
Die Konjunktionsmission ist eine
„Minimumenergiemission" bei der man Hin- und Rückflug jeweils der Hohmannroute folgt. Unter Aufwendung von etwas zusätzlichem Treibstoff und einer leichten Korrektur der Flugbahn kann die Reisedauer von 258 auf 180 Tage verringert werden. Auf dem Mars angekommen öffnet sich ein Startfenster für den Rückflug nach 550 Tagen Aufenthalt und anschliessendem Rückflug von 180 Tagen. Eine solche Mission würde also ca. 900 Tage dauern.
Im Falle einer Oppositionsmission wird der Hinflug auf die selbe weise wie in der Konjunktionsvariante durchgeführt. Nach 30 Tagen Aufenthalt öffnet sich ein Startfenster und man verlässt den Mars unter Aufwendung grosser Treibstoffmengen. Anstatt direkt zur Erde zu fliegen, gelangt man zuerst zur Venus, erhält von ihr einen Gravitationsschub und erreicht die Erde nach einer Rückflugdauer von 430 Tagen. Obwohl die Zeit für den Rückflug grösser ist, erreicht man die Erde bereits 10 Monate früher als bei der Konjunktionsvariante.
Aufgrund dieser Verkürzung von 900 auf 600 Missionstage bevorzugte die NASA im 90-Tage Report die Oppositionsmission. Dies macht aber leider keinen grossen Sinn, denn die Nachteile wiegen weitaus schwerer. Für die Oppositionsvariante wird bereits beim Hinflug weit mehr Treibstoff benötigt, den man ja auch transportieren muss, was die Kosten der Mission massiv erhöht. So beträgt das Startgewicht für einen Start bei Opposition etwa das Doppelte der Konjunktionsmission. Es dürfte ziemlich schwierig, wenn nicht gar unmöglich sein ein so grosses und schweres Raumschiff in eine stabile Parkbahn um den Mars einzuschwenken. Dabei müsste auch für die Abbremsung Treibstoff verbrannt werden, was zu einer weiteren Gewichts- und Kostensteigerung führt. Bei einer Konjunktionsmission wäre das Schiff leicht genug, um durch eine Aerobremsung mit Hilfe der Marsatmosphäre und ohne zusätzliche Treibstoffverbrauch in einen stabilen Orbit gebracht zu werden. Ohne das ein getestetes und einsatzbereites Thermonukleares Triebwerk zur Verfügung steht, kann davon ausgegangen werden, dass eine Oppositionsmission undurchführbar ist.
Flug- und Aufenthaltszeiten von Marsmissionen |
| Konjunktion | Opposition |
Dauer des Hinflugs | 180 Tage | 180 Tage |
Dauer des Rückflugs | 180 Tage | 430 Tage |
Marsaufenthaltsdauer | 550 Tage | 30 Tage |
Gesamtdauer der Mission | 910 Tage | 640 Tage |
Vorbeiflug an Venus nötig? | nein | ja |
Durchschn. Strahlungs- dosis der Mission | 52 rem | 58 rem |
Dauer der Schwerelosigkeit | 360 Tage | 610 Tage |
Missionskosten | gering | hoch |
Missionsleistung | hoch | gering |
Missionsrisiko | gering | hoch |
Durch die gewaltige Masse die ein Raumschiff für eine Oppositionsmission aufweisen würde, wäre eine Montage im Erdorbit unumgänglich. Im Gegensatz zur Montage auf der Erde bietet ein Zusammenbau in der Schwerelosigkeit keinerlei Möglichkeiten zur Qualitätskontrolle und erhöht das Risiko eines Fehler drastisch. Auch die Baukosten explodieren durch die vielen Materialtransporte in den Orbit geradezu.
Im weiteren wird während einer Oppositionsmission die Dauer der Schwerelosigkeit und der Zeitraum in dem die kosmische Strahlung auf die Besatzung einwirkt beinahe verdoppelt, da die Mannschaft beinahe die gesamte Dauer der Mission im interplanetarischen Raum verbringt. Da die Marsatmosphäre einen Teil der Strahlung ausfiltert, wäre die Strahlenbelastung für die Crew trotz der um 300 Tage geringeren Missionsdauer erheblich höher.
Während man bei einer Konjunktionsmission 550 Tage Zeit hat, um die nähere und weitere Umgebung des Landeplatzes zu erforschen, bleiben dafür bei der Oppositionsvariante nur 30 Tage Zeit. Sollte bei der Ankunft auf dem Mars die Wetterlage eine Landung verzögern, bleibt sogar noch weniger Zeit oder die Landung wird ganz verunmöglicht. Als kleiner Hinweis: Mariner 9 musste nach der Ankunft im Marsorbit 4 (vier) Monate warten bis sich der Staubsturm gelegt hatte. Das Bedeutet, das die Oppositionsmission kaum oder sogar gar keine Forschungsergebnisse bringt, kann man doch in 30 Tagen gerade mal ein paar Steine einsammeln und eine Flagge hissen.
Alle diese und noch viele weiter Nachteile führen zu dem Schluss, das der einzig richtige, sicherste und kostengünstigste Weg eines bemannten Fluges zum Mars die Konjunktionsmission ist. Hier werden die Risiken und die Kosten minimiert und die Resultate maximiert, während es bei der Oppositionsvariante genau umgekehrt ist.